Die Geologie der Kalkgrube ( Perm)

Die ältesten Gesteinsschichten der Liether Kalkgrube stammen aus dem Erdzeitalter Perm. Dieses Erdzeitalter begann vor 299 Millionen Jahren und endete vor ca. 251 Millionen Jahren.

Im Perm waren nach der Kollision der zusammenhängenden Südkontinente (Gondwana) mit den Nordkontinenten alle Kontinente der Erde in dem Großkontinent Pangäa vereint. Nordamerika, Südamerika, Afrika, Australien, Antarktis, Indien, Europa und Asien bildeten eine zusammenhängende Landmasse.

Bei der Kollision entstand ein langgestrecktes Gebirge, die Varisziden. Sie erstreckten sich vom heutigen Mexiko bis nach Osteuropa über eine Länge von mehr als 12000 km. In Deutschland lagen die Varisziden im Bereich der deutschen Mittelgebirge. Sie stellen die Gebirgsrümpfe dieses ehemals großen Gebirgszuges dar, welcher durch Erosion in den nachfolgenden Erdzeitaltern eingeebnet wurde. Die Gebirgsrümpfe wurden als Schollen während der Entstehung der Alpen wieder herausgehoben.

Der norddeutsche Raum war Teil einer großen Senke, die sich nördlich der Varisziden befand und sich von England bis über Polen und nach Norden bis Skandinavien erstreckte.

In der Zeit des Perms und den nachfolgenden Zeiteinheiten war der Norddeutsche Raum mit relativ kurzen Unterbrechungen ein Ablagerungsgebiet, also ein Becken, in das von den Randgebieten und insbesondere von den südlich gelegenen Varisziden Gesteinsmaterial eingetragen wurde. Nur aufgrund einer kontinuierlichen Krustenabsenkung blieb diese Beckenstruktur erhalten, so dass sich über den gesamten Zeitraum vom Perm bis heute Sedimente mit einer Mächtigkeit von bis zu 7 km ablagern konnten.

Das Perm wird unterteilt in die ältere Einheit des Rotliegend und die jüngere Einheit des Zechsteins. Während des Perms befand sich das Ablagerungsbecken im Bereich des nördlichen Wendekreises und es herrschten trocken-heiße Klimabedingungen.

Die Zeit im Rotliegenden - ein kontinentales Becken

Rote Wand, bestehend aus rotem Tonstein und Gips

Die ältesten Sedimente der Liether Kalkgrube stammen aus dem oberen Rotliegend. Es handelt sich um Salzton mit Gips- und Salzlagen. Salz ist jedoch nicht mehr enthalten, da es im Untergrund beim Kontakt mit Grundwasser gelöst wurde. Diese sogenannten Residualgesteine sind in der Roten Wand auf der Nordseite der Grube und im Südhang der Grube zu sehen. Die Salztone entstanden in einer Landschaft, bestehend aus Salzseen und Salzpfannen unter wüstenhaften Bedingungen (vergleichbar heutiger Sabkhas).

Die letzen Ablagerungen des Rotliegend werden von Dünensanden gebildet, die als feinkörniger, hell ausgebleichter Sandstein im oberen Teil der Ostwand zu finden sind.

Der Raum Elmshorn lag im tiefsten Bereich des kontinentalen Beckens. Dies hatte zur Folge, dass hier zum einen die Gesamtmächtigkeit des Rotliegend mit mehr als 500 m am größten ist und zum anderen, dass die Ablagerungen einen hohen Salzanteil aufweisen.

Die Zeit im Zechstein - das Zechsteinmeer

Grenze Rotliegend-Zechstein in überkippter Lagerung

Mit dem Beginn der Zeiteinheit des Zechsteins vor 257 Millionen Jahren ergoss sich Ozeanwasser durch eine im Gebiet des heutigen Ostgrönland entstandene Meeresstraße in das bisherig kontinentale Becken, das unter dem Meeresspiegel lag. Dieses relativ flache Binnenmeer, mit seiner Lage im Bereich des nördlichen Wendekreises der Sonne, hatte eine hohe Verdunstungsrate und einen geringen Wasseraustausch mit den übrigen Weltmeeren. Dies führte zu einer Übersalzung und Ausfällung von Salzen ähnlich den heutigen Vorgängen im Toten Meer. Wird Meerwasser eingedampft, so kristallisieren die Salze in der Reihenfolge ihrer Löslichkeiten aus. Zunächst wird schwerer löslicher Gips (CaSO4) dann Steinsalz (NaCl) und anschließend leicht lösliche Kali- und Magnsiumsalze ausgefällt. Im tieferen Untergrund entsteht aus dem Gips durch Wasserentzug Anhydrit. Gelangt der Anhydrit erneut an die Erdoberfläche so nimmt er Wasser auf und es entsteht wieder Gips.

Periodische Schwankungen im Zufluss von Meerwasser zum Binnenmeer und Klimaschwankungen führten zu mehrfachen Eindunstungsphasen mit wiederkehrenden Abfolgen von Ton-, Kalksteinen und Salzen. Die über 1000 m mächtigen Sedimente des Zechsteins untergliedern sich in die Abfolgen:

Werra (Z1), Staßfurt (Z2), Leine (Z3), Aller (Z4), Ohre (Z5), Friesland (Z6) und Fulda (Z7).

Fischfossil Palaeoniscus freieslebeni

Das mit dem Beginn des Zechstein eindringende Meerwasser reicherte sich mit Nährstoffen an und aufgrund der heißen klimatischen Bedingungen kann angenommen werden, dass es zu ausgedehnten Algenblüten kam. Die hohe Produktion von organischem Material, das schließlich zu Boden sank, führte zu sauerstofffreien, reduzierenden Bedingungen und zur Bildung eines Faulschlamms der heute als Kupferschiefer im gesamten Zechsteinbecken zu finden ist und die Basis der Werra-Folge bildet. Der Kupferschiefer bildet eine gerinmächtige aber markante Schicht von ca. 30 bis 40 cm. Gelegentlich sind im Kupferschiefer Fossilien, wie z. B. der heringsgroße Fische (Palaeoniscus freieslebeni) enthalten.

Kupferschiefer über Konglomerat mit Kupfermineralien (Sachsen-Anhalt)

Der Kupferschiefer enthält bereichsweise abbauwürdige Metalle wie Kupfer, Blei, Zink, Silber und Gold. Sie stammen aus den unterlagernden Gesteinen und wurden durch aufsteigende Wässer in den Kupferschiefer infiltriert. Hier trafen die gelösten Metalle auf Sulfidionen aus dem ehemaligen Faulschlamm und reicherten sich als Metallsulfide im Kupferschiefer an.

Der im gesamten Zechsteinbecken vorhandene Kupferschiefer befindet sich aufgrund der späteren Überlagerung mit mächtigen Gesteinsschichten meist in großen Tiefen. Vor allem im südlichen Randbereich des Zechsteinbeckens ist er jedoch durch die Heraushebung der variszischen Gebirgsschollen wieder nach oben bis teilweise an die Erdoberfläche gelangt. So auch z.B. im Bergbaugebiet Mansfelder Revier am östlichen Harzrand. Hier enthält der Kupfeschiefer neben weiteren abbauwürdigen Metallen ca. 2,5 % Kupfer. Der Kupferschiefer in der Liether Kalkgrube hat einen Kupfergehalt von nur ca. 0,015 %.

Zechsteinkalk: links Onkolith, rechts Blasenkalk

Auf den Kupferschiefer folgend wurden Kalkschlämme und Kalksande abgelagert, die später zu festen, felsartigen Kalksteinschichten zusammengepresst wurden (Zechsteinkalk). Die Kalksteine enthalten keine mit dem Auge erkennbare Fossilien.

Es finden sich aber Kalksteinbänke, die sowohl aus mm großen, rundlichen Kügelchen, als auch aus mm-cm großen, lagig aufgebauten, rundlichen Knollen mit unregelmäßiger Gestalt aufgebaut sind (Onkolith). Der Kalk entstand aus im Meerwasser gelöstem Calcium und Kohlendioxid unter Beteiligung von Algen in lichtdurchfluteten Wassertiefen. Die kugeligen Formen sind eine Folge konzentrischer Anlagerung von Kalk. Dies lässt darauf schließen, dass die Kügelchen auf dem Meeresboden durch Wellen oder Strömungen bewegt wurden.

Desweiteren finden sich in manchen Kalksteinen linsenförmige Hohlräume (Blasenkalk). Es kann angenommen werden, dass die Hohlräume bei der Ablagerung des Kalkes mit anderem Material (möglicherweise Gips) gefüllt waren und dieses später wieder ausgelöst wurde.

Gipsfelsen der Werra-Folge in der Grubensohle

Im weiteren Verlauf der Werra-Folge wurde unter anderem Gips ausgefällt. Der Gipsfelsen in der Grubensohle wird dieser Abfolge zugerechnet. Die heutige Gestalt des Gipsfelsens mit seinen abgerundeten Kuppen und kolkartigen Taschen ist eine Folge von Lösungserosion beim Kontakt mit Grundwasser. Im Zusammenhang mit Lösungen und erneuter Auskristallisation entstanden stellenweise cm-große, dünnplattige und klare Gipskristalle, die als Marienglas bezeichnet werden.

Stinkschiefer der Staßfurt-Folge

Die nächstjüngere Gestein der Kalkgrube stammt aus der Staßfurt-Folge. Es ist ein überwiegend dunkelgrauer bis schwarzer Kalk mit einem relativ hohen organischen Anteil. Beim Aufschlagen des Kalks wird ein auffällig bituminöser Geruch verströmt, weswegen er als Stinkkalk oder Stinkschiefer bezeichnet wird. Der Stinkschiefer entstand aus Faulschlamm, der am Grund des Zechsteinmeeres abgelagert wurde.

Kalkasche, die in der Kalkgrube als Düngekalk abgebaut wurde.

Im weiteren Verlauf der Staßfurt-Folge und den daran anschließenden Folgen wurden unter anderem sehr mächtige Salzschichten (> 1000 m) abgelagert. Sie sind jedoch nicht mehr an der Erdoberfläche vorhanden, da das Salz beim Kontakt mit Grundwasser gelöst und mit dem Grundwasserfluss abtransportiert wurde. Übrig bleibt jedoch ein schwerlöslicher Rest. Es wird vermutet, dass die in der Liether Kalkgrube abgebaute Kalkasche aus diesen Lösungsresten besteht. Die Kalkasche füllte ehemals den heutigen Hohlraum der Grube zum großen Teil aus. Diese Kalkasche wurde im Zeitraum von 1925 bis 1993 abgebaut und als Düngekalk verkauft.

 

Ein Profilschnitt des Elmshorner und Quickborner Salzstocks. (nach Frisch & Jürgens, BGR, verändert LLUR)

Die Ablagerungen des Perms wurden in den nachfolgenden Zeiteinheiten (Trias, Jura, Kreide, Tertiär, Quartär) von mächtigen Sedimenten überlagert. Diese setzen sich vorwiegend aus Sandsteinen, Kalken und Tonen zusammen. Sie erreichen eine Mächtigkeit von ca. 5 km. Gegenüber dem Salzgestein aus dem Perm haben die überlagernden Sedimente der nachfolgenden Einheiten eine höhere Dichte, sie sind schwerer. Dies hatte zur Folge, dass das relativ leichte und fließfähige Salzgestein des Perm in Schwächezonen und alten tektonischen Brüchen als beulen- und pfropfenförmige Großstrukturen oder in länglichen Mauern lokal hochgedrückt wurde. Von den Seiten floss weiteres Salzgestein in diese Großstrukturen nach, so dass zwischen den Aufstiegszonen eine Absenkung erfolgte. Beim Salzaufstieg wurden die überlagernden Schichten mit nach oben gehoben und randlich der Salzstrukturen verschleppt. Es wird angenommen, dass der Salzaufstieg bereits im Erdzeitalter Jura vor ca. 200 Millionen Jahren begann.

Salzstrukturen im Untergrund von Schleswig-Holstein (GÜK 250, LLUR Schleswig-Holstein)

Im gesamten Norddeutschen Raum gibt es zahlreiche dieser Salzstrukturen. Die permischen Salzablagerungen bilden im Untergrund eine Art Gebirge, dass an wenigen Stellen bis an die Erdoberfläche oder unmittelbar darunter reicht. Häufig sind es nur die Salze des Zechstein, die aufgestiegen sind. Im Raum Südholstein und der Niederelbe hat aber auch das Rotliegende hohe Salzanteile mit ausreichenden Mächtigkeiten, so dass Rotliegend- und Zechsteinsalze zusammen noch oben drangen. In diesem Fall spricht man, wie auch beim Elmshorner Salzstock, von einem Doppelsalinar.

Die Geologie, wie wir sie heute antreffen

Der Elmshorner Salzstock erstreckt sich von Elmshorn bis nach Tornesch und hat einen Durchmesser von ca. 5 km. Er besteht vorwiegend aus Rotliegendsedimenten mit wenigen eingelagerten Fragmenten aus dem Zechstein. Sowohl die Rotliegendsedimente als auch die Gesteine des Zechsteins wurden beim Aufstieg nach oben stark verstellt, gebogen, zerbrochen, verworfen und teilweise gelöst. Aus diesem Grund stellt sich die Geologie der Liether Kalkgrube ein wenig "durcheinander" dar.

Mit der Liether Kalkgrube hat man eine Vertiefung in einem Salzstock geschaffen und dennoch wird man kein salzig schmeckendes Gestein finden. Dieses Kuriosum erklärt sich jedoch relativ simpel. Sobald ein Salzstock in die Nähe der Erdoberfläche gelangt und hier mit Grundwasser in Kontakt kommt, wird das Salz (insbesondere Steinsalz) im Grundwasser gelöst und abtransportiert. Der sogenannte Salzspiegel, also die Tiefe ab der leicht lösliches Steinsalz noch vorhanden ist, befindet sich beim Elmshorner Salzstock in ca. 100 m Tiefe.

Bei einer Wanderung von Elmshorn nach Tornesch wird man sich fragen, wo denn der Salzstock ist, denn an der Erdoberfläche sieht man ja meist nur Wiesen und Felder. Tatsächlich "lauert" er in nur geringer Tiefe. Auf manchen Feldern kann man, insbesondere nach dem Pflügen, die typische rote Farbe des Rotliegendtons erkennen und am Bahnübergang bei der alten Ziegelei sind die Abbaugruben des Rotliegendtons noch als Teiche erhalten. Ansonsten wird der Salzstock von eiszeitlichen Ablagerungen und von Dünensand, Mudden, Torfen und Mutterboden aus der jüngsten Zeiteinheit des Quartärs, dem Holozän, überdeckt. Würde man diese Böden vollständig abtragen, so könnte man erkennen, dass die Oberflächengestalt des Salzstocks keine ebene Fläche oder Kuppe darstellt, sondern in Form einer randlichen Erhebung mit einer relativ großen Einsenkung im zentralen Bereich vorliegt. Es wird auch von einem sogenannten Hebungskranz gesprochen. Nach den Eiszeiten bildete sich in der zentralen Senke ein flacher See (Esinger See), der langsam durch Pflanzenwuchs verlandete und schließlich zum heutigen Liether Moor wurde.

Die 3-dimensionale Oberflächengestalt des Elmshorner Salzstocks mit einem äußeren Hebungskranz und einer zentralen Senke (Esinger See). ( Grube, A.( 2007), verändert)

 

Die meisten Salzstrukturen Norddeutschlands sind an der Erdoberfläche nicht zu erkennen, da sie von tertiären und eiszeitlichen Ablagerungen überdeckt sind. Es gibt aber Ausnahmen:

 

Bad Segeberg:

Der "Kalkberg" von Bad Segeberg besteht aus Gips des Zechstein und ist als markante Erhebung erkennbar.

Lägerdorf:

Der Salzstock ist nicht bis an die Erdoberfläche gekommen, hat jedoch die überlagernden Schichten hochgedrückt, so dass heute Kreidekalk aus der Kreidezeit übertage abgebaut wird.

Helgoland:

Der Salzstock ist nicht bis an die Erdoberfläche gekommen, hat jedoch die überlagernden Schichten hochgedrückt, so dass der Buntsandstein aus der Trias heute eine Felseninsel in der Nordsee bildet.

Lüneburg:

Der "Kalkberg" von Lüneburg besteht aus Gips des Zechstein.